Ich wurde inzwischen wieder frontdiensttauglich und kam nach Krumau in Böhmen. Dort wurde unsere Division wiederaufgefrischt und zusammengestellt. Nach Weihnachten wurden wir auf die Bahn verladen und nach Albanien gebracht. Dort wurden wir zur Partisanenbekämpfung eingesetzt. In Albanien ist es sehr bergig und wir mussten immer bergauf und bergab. Im Frühjahr regnete es so viel, dass fast alle Bäche und Flüsse übergingen. Von Juni bis September 1943 regnete es dafür überhaupt nicht. Da verdorrte alles, denn es hatte 35 bis 40 Grad Plus. In kleinen Feldern, die sie bewässern konnten, bauten sie Mais, Tabak, Wein, Kartoffeln und Kraut an. An den Berghängen waren Nuss- und Olivenbäume gepflanzt. Tabak wurde viel angebaut und ins Ausland verschickt. Es wurden auch viele Schafe und Ziegen gehalten. Manche Schafe blieben den ganzen Sommer auf der Alm, natürlich mit einem Schafhirten und einem Hund. Das Essen wird ihm hinaufgebracht. Der Hund muss aufpassen, dass der Lämmergeier nicht die kleinen Lämmer stiehlt und reißt.
Die Frauen in Albanien spannen noch mit der Handspindel wie vor zwei bis dreitausend Jahren. Das geht so: Die locker gezupfte Wolle wickeln sie auf eine Latte, die etwa 80 Zentimeter lang ist. Sie steckten sie in den Hüftbund des Kittels. In der rechten Hand halten sie ein 30 Zentimeter langes Stäbchen mit einem Gewicht am unteren Ende. Mit diesem Schwungstäbchen wird der Faden gedreht und aufgewickelt. Die Frauen spannen auch beim Gehen. Zum Beispiel, wenn sie ins Dorf Einkaufen gingen. Der Esel ist das Tragtier, auf dem sie alles aufladen, sodass sie ihre Hände immer zum Spinnen freihaben.
Ich habe einer Frau gezeigt, dass meine Mama auch spinnt, aber mit einem Spinnrad, das man mit dem Fuß tritt. Sie hat es verstanden und gesagt: „Aha! Maschine!“ Vielleicht hat sie schon irgendwo ein Spinnrad gesehen, weil sie sich gleich auskannte.
Im Herbst 1943 kamen wir in ein Dorf, wo einige Baracken leer standen. Dach machten wir halt und bezogen sie sogleich. Wir waren zwei Wochen dort, da überrumpelten uns die Partisanen. Es war eine Mordsschießerei im Finsteren in der Nacht, doch wir trieben sie zurück. Wir hatten einige Verwundete. Nächsten Tag suchten wir das Gelände ab. Da fanden wir einen von ihnen tot auf. Er musste ein Anführer gewesen sein, denn man fand bei ihm 40 Mitgliedskarten, die wir natürlich nicht lesen konnten. Als wir nach der Schießerei in die Baracken zurückkamen und etwas aßen, spürte ich etwas Hartes zwischen den Zähnen. Als ich es herausnahm, war es eine Gewehrkugel, die in meinem Brot steckte.
Am Nachmittag fiel uns auf, dass unser Leutnant und sein Bursche noch nicht da waren. Wir suchten nochmals das Gelände ab, aber fanden sie nicht. Nächsten Tag hat ihn der Posten zirka 150 Meter weit weg gesehen und hat dem Posten gewunken, er solle zu ihm kommen. Der Posten meldete dies sogleich dem Zugführer. Dieser ging mit einem Trupp in die Richtung, wo er gesehen worden war. Sie fanden aber niemanden dort. Später erfuhren wir, dass die Frau des Leutnants von dieser Gegend stammte und er also sehr vertraut mit der Gegend war. Nun hat er den nächtlichen Angriff genutzt, um mit seinem Burschen überzulaufen. Wir haben von den beiden nie wieder etwas gesehen oder gehört.
Weil einer von unseren Pferdeführern verwundet war, wurde ich wieder zu den Pferden abkommandiert.
Im Juni 1944, lagen wir am Meer und hatten einen Tag Rast. Wir wuschen die Wäsche und badeten im Meer. Von dort stieg ein Berg von 1.600 Metern hoch an. Diesen Berg mussten wir am nächsten Tag besteigen. Um 4 Uhr in der Früh marschierten wir los. Es war ein Fußweg in Serpentinen angelegt. In der Früh war es ja noch kühl, aber um 9 Uhr brannte die Sonne schon unbarmherzig auf den Sand und die Steine nieder, dass man kaum schauen, sondern nur blinzeln konnte. Wald gab es keinen, nur Steine und Stauden. Alle zwei Stunden machten wir eine halbe Stunde Rast. Jeder hatte acht bis zehn Kilo Gepäck zu schleppen. Soviel habe ich nie mehr geschwitzt wie damals. Um halb 3 Uhr nachmittags kamen wir endlich am Gipfel an. Es war eine größere, halbwegs ebene Fläche. Ein Schafhirte mit zirka 60 Schafen und einem Hund war auch oben, denn auf dieser Ebene gab es Sträucher und Grasbüscheln. Der Schafhirte blieb mit den Schafen den ganzen Sommer über auf dem Berg. Einmal in der Woche brachte ihm jemand das Essen hinauf und schaute ihm nach wie es ihm geht. Wir fragten ihn, ob Wasser hier oben wäre. Er sagte, dass es hier oben kein Wasser gäbe, aber dort hinten in der Schlucht ist noch Schnee und den könnten wir zum Kaffeekochen nehmen. Das taten wir dann auch. Es wurde ein guter Kaffee. Nach dieser Stärkung sagte der Feldwebel zu mir, ich soll ein ebenes Plätzchen suchen und die Steine zur Seite räumen, damit wir drei Zelte aufstellen konnten. Ich machte mich gleich an die Arbeit und räumte die Steine zur Seite. Da sah ich hinter einem Stein zwei Skorpione. Ich erschlug sie sofort. Denn ein Stich von einem Skorpion kann tödlich sein. Es lagen viele Steine herum und als ich einen großen Stein zurückwälzte, lag zu meinem Schrecken eine schwarze Schlange dahinter. Ich war so erschrocken, dass ich momentan nicht in der Lage war sie zu erschlagen. Doch sie ist sofort weggekrochen.
Wir haben die Zelte aufgestellt für die Nacht. Obwohl ich vom Bergsteigen müde war, schlief ich schlecht. Im Traum kam mir die schwarze Schlange unter, die mich so erschreckt hatte. Ich dachte mir, so ein Vieh könnte bei Nacht wiederkommen. Bei einer Temperatur von 35 Grad kann so ein Getier gut gedeihen. Für immer möchte ich nicht in diesem Land leben. Von dieser Berghöhe konnte man mit dem Fernglas über 80 Kilometer bis nach Italien sehen. Nächsten Tag gingen wir wieder auf der anderen Seite den Berg bis auf halbe Höhe hinunter. Wenn wir in Albanien einen Berg über 1.000 Meter Seehöhe besteigen mussten, bekamen wir eine Rippe Schokolade als Zusatz zur Verpflegung. Einmal bekamen wir 18 Rippen Schokolade auf einmal, so oft hatten wir einen Tausender zu besteigen. Wir hätten aber gern auf die Schokolade verzichtet.
Wir zogen den Winter über mit Ross und Wagen gen Norden nach Sarajewo und danach weiter bis nach Ungarn. Aber in Jugoslawien hat sich noch etwas zugetragen. Es war ein enges Tal mit Straße und Bach. Wir fuhren aufwärts. Auf einmal flog ein Flugzeug über uns. Es war ein Aufklärer. Er meldete uns bei seiner Bombenstaffel und kaum zwanzig Minuten später waren schon fünf feindliche Bomber aufgetaucht, die uns derart stark bombardierten. Ich duckte mich in den Straßengraben und hielt die Pferde mit der Leine fest. Als der Spuk vorbei war, sah ich meine Pferde blutend. Einem Pferd hatte es den Fuß abgeschlagen, das andere hatte im Rücken ein faustgroßes Loch. Mir ist gottseidank nichts passiert. Ich stand da und wusste nicht, was ich tun soll. Mit meinen Pferden konnte ich nicht mehr weiterfahren. Da kam der Unteroffizier von hinten nach und sah meine Bescherung. Er sagte: „Deine Pferde können nicht mehr weiter. Wir müssen sie ausspannen und erschießen. Dort hinten hat es einen Fahrer getötet. Du kannst seine Pferde ausspannen und an deinen Wagen einspannen und weiterfahren.“ Bei diesem Fliegerangriff haben wir vier Pferde, zwei Mann und den Küchenwagen verloren. Ja, so ist es halt im Krieg.
Als wir nach Ungarn kamen, wurde ich wieder zur Kampfgruppe überstellt. Zirka 50 Kilometer unterhalb von Fünfkirchen (heute: Pécs) übersetzten wir bei Nacht die Drau und griffen im Morgengrauen die Russen an. Wir schlugen sie einige Kilometer zurück. Um zirka 9 Uhr vormittags machten wir halt, um uns zu stärken. Da brachen auf einmal die Russen hervor und trieben uns ein Stück zurück. Bis zur Nacht zogen wir uns hinter einen Bahndamm zurück, um gute Deckung zu haben. Bei Nacht aber kamen die Russen bis zum Bahndamm. Das war aufregend, da sie gleich auf der anderen Seite waren, während ein Kamerad und ich uns hier ein Loch zur Deckung gruben. Wir waren schon den zweiten Tag ohne Verpflegung, sodass wir hungerten. In meinem Brotbeutel fand ich noch eine Schnitte Brot und aß diese. Mein Kamerad schaute mich an und sagte, er habe auch Hunger, habe aber kein Brot mehr. So gab ich ihm die Hälfte von meinem. Er war mir dankbar.
Wir wechselten uns beim Wache stehen immer ab. Am Abend sagte ich zu ihm: „Leg dich schlafen! Ich steh jetzt Wache und werde dich schon wecken, wenn auch ich schlafen will.“ Er legte sich gleich nieder. Es war ruhig und auch nicht zu kalt. So stand ich Wache bis um Mitternacht. Dann erst weckte ich ihn. Wenn er müde wird, solle er mich wieder wecken. Ich schlief gut und als ich erwachte, war es schon hell und bei Tag. Ich schaute gleich nach meinem Kameraden. Er lag neben dem Maschinengewehr. Ich glaubte zuerst, er war eingeschlafen, doch als ich ihn wecken wollte, merkte ich, dass er bereits tot war. Er hatte einen Kopfschuss bekommen. Er war ein guter Kamerad und ich war froh, dass ich Stunden zuvor noch mein letztes Brot mit ihm geteilt hatte.
Zu Mittag kam der Unteroffizier und brachte Verpflegung, sowie er den toten Kameraden zurücktrug und mir einen neuen Kameraden nach vorne schickte.
Am Abend setzten wir uns ab und gingen 100 Meter zurück wieder in Stellung. Am nächsten Abend sagte ich zu meinem Kameraden, er solle jetzt Wache halten, um mich um 11 Uhr zu wecken. Dann wache ich bis um 2 Uhr. Um Mitternacht wurde ich plötzlich munter. Ich ging zum Kameraden und sah, dass er tot war. Er bekam einen Herzschuss. Nun habe ich in zwei Tagen zwei Kameraden verloren. Und ich war wieder allein bei der Wache. Am nächsten Tag zogen wir uns einen Kilometer zurück.
Nach zwei Tagen, am 15. März 1945, kamen die Russen schon wieder nach. Diesmal aber mit Panzern. Wir schossen mit der Panzerfaust vier Stück ab, doch es waren einfach zu viele. So überrannten sie uns. Wir wollten zurücklaufen. Da schoss mir ein Russe mit einer Maschinenpistole nach und traf mich am Oberschenkel. Ich warf das Maschinengewehr gleich weg und kroch auf allen Vieren weiter. Da kamen auch schon die Russen herbei und riefen: „Halt!“ So mussten wir uns ergeben und es kamen auf einem ein Kilometer breiten Abschnitt 70 Gefangene zusammen. Wir wurden ein Stück zurückgetrieben. Wegen des Oberschenkeldurchschusses konnte ich schlecht gehen. Zwei Kameraden ließen mich einhaken und sie stützten mich. Nach etwa einem Kilometer machten wir halt. Dort mussten wir dann alles ablegen: Brotbeutel, Kochgeschirr und Feldflasche. Zudem mussten wir alle Rock und Hosentaschen ausleeren, also Messer, Löffel, Kamm und Rasierapparat. Einfach alles, was wir in den Taschen hatten, mussten wir auf den Boden hinlegen. Dann hieß es: „Kehrt! Marsch!“ und wir mussten mit den leeren Taschen weggehen. Wir hatten rein gar nichts mehr bei uns und wurden getrennt. Die Gesunden marschierten weg von uns, die Verwundeten wurden auf einen Lastwagen verladen und nördlich nach Fünfkirchen in eine Schule gebracht. Wir waren 35 Mann und kamen in einen Klassenraum. Es war etwas Stroh drinnen, auf das wir uns legen konnten. Zu Essen bekamen wir anfangs sehr wenig. Später wurde es etwas besser. Am Gang vor unserem Zimmer saß ein russischer Posten Tag und Nacht. Wenn wir aufs Klo gingen, mussten wir an ihm vorbei. Ein junger Arzt aus Hamburg war auch bei uns und betreute uns ein bisschen. Da war ein Schwerverwundeter bei uns, der von uns Blut gespendet bekommen sollte. Nun ging der Arzt von einem zum anderen und fragte, ob er Blut spenden wolle. Ich sagte, wenn es mir wegen der Verwundung nicht schadet, bin ich bereit dazu, um den Kameraden zu retten. So machte ich es. Wir beide wurden zusammengelegt Hand an Hand und das Blut wurde von mir genommen und ihm gleich eingespritzt. Es dauerte etwas länger als sonst. Nachher habe ich mir den blutbespritzten Arm im Waschraum draußen abgewaschen. Ich war froh, dass ich wieder auf mein Lager kam, da mir schwindelig wurde. Wir waren ja schlecht genährt. Der Schwerverwundete wurde durch mich gerettet. Er dankte es mir, als er wieder besser wurde. Mich freut es heute noch, dass ich ihn gerettet habe.
Einem Schwerverwundeten von uns musste ein Fuß abgenommen werden. Wir trugen ihn ins Ärztezimmer. Eine Krankenschwester war dabei und auch der Posten ging mit ins Ärztezimmer. Im Ärztezimmer jammerte der Kamerad, weil ihm jetzt ein Fuß abgenommen werden musste. Die Krankenschwester konnte Deutsch und tröstete ihn und sagte, dass es schon nicht so schlimm werden würde und, dass er bald wieder heimkomme und strich ihm mit der Hand über das Haar. Da sprang der Posten auf sie zu und riss sie weg von ihm und beförderte sie gleich raus. Wir haben sie nie wieder gesehen.
Auch Rumänen waren zu unserer Bewachung eingeteilt. Als am 8. Mai 1945 der Krieg für beendet erklärt wurde, haben sie sich so gefreut, dass sie mit ihren Gewehren öfters in die Luft schossen. Sie wussten nicht, was sie aus Freude machen sollten. Es waren mehrere Offiziere und Unteroffiziere mit einem Major als Kommandant. Der hat ein Festessen für sie in der Küche angeschafft und hat auch unseren Arzt zu diesem Essen eingeladen. Der rumänische Kommandant der Kaserne sagte zum Arzt, dass jetzt der Krieg aus ist und, dass er ihn nun nicht mehr als Feind betrachte, sondern als Mensch. Er meinte, wenn wir uns gut verhalten und arbeiten, dann wird es uns nicht schlecht gehen. Der Arzt fragte daraufhin, was jetzt mit Österreich nach Kriegsende geschieht. Der Kommandant sagte: „Österreich wird von den Siegermächten besetzt.“ Wie lange wisse er nicht. Es kann ein Jahr, fünf Jahre oder zehn Jahre sein. „Vielleicht ein Jahr.“, erwiderte der Arzt. „Aber zehn Jahre, das glaube ich nicht.“, meinte er. Und wirklich waren wir zehn Jahre von den Siegermächten besetzt. Das hätte keiner von uns geglaubt, dass wir die Besatzung so lange im Lande haben.
Ein Kriegskamerad aus Südtirol, der schon früher in der italienischen Armee in Afrika eingesetzt war, erzählte, er sei dort ein Kameltreiber gewesen, da diese die Munition und Verpflegung aufgepackt bekamen. In der Sandwüste sind die Kamele am besten geeignet. Sie können bis zu sieben Tage ohne Wasser auskommen und brauchen auch nicht so viel Heu wie ein Pferd. Wenn sich ein Kamel vollsäuft, kommt das Wasser nicht gleich in den Magen, sondern in Extrakammern. Jeden Tag nimmt es sich das Wasser, etwa zehn Liter, von diesen Vorratskammern. Die Mannschaft musste sich auch für sechs bis sieben Tage mit Wasser versorgen bis wieder eine Wasserstelle gefunden wurde. Als ihnen einmal das Wasser ausging, weil sie es im Kampf verloren hatten, schlachteten sie ein Kamel. Dessen Wasserkammer wurde vorsichtig aufgemacht und die vorhandenen 40 Liter wurden zum Kochen und sogar zum Trinken genommen. Selbstverständlich hatte das Wasser Körpertemperatur, aber es war rein und hatte weder einen schlechten Geschmack noch einen schlechten Geruch. Das zeigt, dass ein Kamel rein für das Überleben in der Wüste geschaffen worden ist.
Wie wir im Zimmer lagen, fragte einer den anderen, wo er im Kampf eingesetzt war. In Russland oder anderswo. So erzählte auch ich, dass ich in Stalingrad war und mit dem Flugzeug gerade noch herausgekommen bin. Nach ein paar Tagen kamen am Morgen zwei Wachposten und verlangten den Arzt und den, der in Stalingrad war. Das war ich. Als wir so miteinander geredet haben, wo wir überall waren, muss einer von uns den das weitergesagt haben. Der Arzt und ich mussten mitgehen. Wir wussten nicht wohin. Sie trieben uns einen Kilometer weit zu einem Lazarett, wo verwundete Russen waren. Dort bekamen wir jeder eine Hacke und mussten von meterlangen Scheitern Kleinholz machen. Eine Säge bekamen wir nicht. So mussten wir die Scheiter zuerst spalten und dann abhacken. Das war eine schwere Arbeit, weil wir keinen Keil hatten und die Scheiter trocken waren.
Öfters kam Einer zu mir heraus und sagte: „In Stalingrad viel kaputt!“ und wie viele ich dort getötet habe. Ich sagte, dass ich bei den Pferden war, aber das glaubten sie mir nicht. Wir Zwei hackten an dem Holz so gut es ging. Zu Mittag bekamen wir eine Suppe zu essen. Unsere Hände waren schon voller Blasen. Zu Mittag haben sie den Arzt zurückgebracht. Es kam dafür ein anderer Kamerad. Um 5 Uhr trieben sie uns wieder heim. Ich war zum Umfallen müde. Die nächsten Tage haben wieder je zwei Mann Holz hacken müssen. Der Arzt und ich nicht mehr. Die Nächsten haben schon eine Säge zum Abschneiden bekommen und auch mehr zu Essen. Den Arzt und mich haben sie bloß so geärgert und den Zorn an uns ausgelassen, weil wir in Stalingrad waren. Wahrscheinlich sind dort auch einige von ihnen verwundet worden. Nach einiger Zeit wurden wir in einem anderen Teil der Stadt untergebracht. Von da aus mussten wir, die schon arbeiten konnten, arbeiten gehen. Ich musste in der Schusterei arbeiten, die Schneider in der Schneiderei und die anderen am Bahnhof Verladearbeiten verrichten. Einige von uns und auch ich bekamen im Juli Malaria. Die Krankheit mit Schüttelfrost und hohem Fieber. Man kann nichts essen und hat großen Durst. Es dauerte zwei bis drei Tage bis es abklingt und kehrt aber in drei bis vier Wochen wieder.
Im August wurden wir nach Sofia in Bulgarien gebracht. Dann ging es nach drei Wochen wieder weiter nach Konstanza, eine rumänische Hafenstadt am Schwarzen Meer.
Nach einer Woche wurden wir, 52 Mann, krankheitshalber entlassen. Die Haare wurden uns noch kurz geschnitten. Mitte September bekamen einen Entlassungsschein. Ein Posten ging mit auf den Bahnhof und fragte, wann ein Zug nach Wien gehe und, ob wir mitfahren können. Als Verpflegung bekam jeder einen Kilo Brot mit auf die Reise. Nun ging es heimzu, aber langsam. Nach ein paar Stationen standen wir wieder einen Tag oder eine Nacht bis es endlich weiterging. Wir brauchten zwölf Tage bis nach Linz. Hier angekommen, ging ich zur Schwester Resi, die in der Unionstraße wohnte. Dort rasierte ich mich wieder und wusch mich gründlich. Das war eine Wohltat. Am nächsten Tag ging ich zum Schustermeister, von dem ich vor fünfeinhalb Jahren eingerückt war. Er freute sich, dass ich vom Krieg gut zurückgekommen war. Er sagte, ich solle heimfahren und schauen, was da los ist und mich ein wenig erholen. Aber danach soll ich gleich wieder zu ihm kommen und als Geselle arbeiten. Ich fuhr mit der Straßenbahn über die Nibelungenbrücke nach Urfahr. Der russische Posten kam herein und fragte mich nach einem Übertrittsschein, wie ihn die anderen Leute hatten. Ich hatte aber keinen. Er schrie: „Raus! Zurück!“ und so musste ich wieder nach Linz zurückgehen. Ich dachte, dass nach zwei Stunden wohl ein anderer Dienst habe und dieser mich durchlässt. So fuhr ich wieder los, aber als mich der Posten sah, schrie er: „Jetzt ist er schon wieder da! Sofort zurück!“ Nun wusste ich nicht, was ich tun sollte. Meine Schwester sagte, dass sich schon mancher Heimkehrer unter die Sitzbänke gelegt habe und so gut durchgekommen sei. Es war ein trüber Oktobertag. Die Leute hatten schon Mäntel an und so passte ich eine Straßenbahn ab, die ziemlich voll war und in der in einer Reihe einige Männer saßen. Ich ging hinein und sagte zu den Männern: „Ich will nach Urfahr und habe keinen Schein. Bitte lasst mich unter die Sitzbank legen und deckt die Mäntel drüber, damit mich der Posten nicht sieht.“ Sie sagten gleich: „Komm her und drück dich fest nach hinten, damit der dich ja nicht sehen kann!“ Und so drückte ich mich ganz unter die Bank und dachte: „Hoffentlich entdeckt er mich nicht.“ Ich hatte Glück, denn er sah mich nicht. Ich kroch erst in der letzten Station hervor. Nun war ich endlich in Urfahr herüben. Da noch kein Autobus nach Freistadt ging, suchte ich einen Lastwagen dahin. Ich fand einen, der mich mitnahm und so konnte ich schon abends meine Eltern, nach zwei Jahren, so halbwegs gesund wieder umarmen. Die Freude war beiderseits groß. Sie wussten ja nicht, dass ich überhaupt noch lebe und heimkomme. Über acht Monate hatten sie von mir kein Schreiben mehr erhalten und jetzt war ich am 15. Oktober 1945 endlich wieder zuhause in Schlag.